Top-Käufe
Die Käufe in Woche 50 summierten sich auf 0,67 Mio. Euro. Davon investierten die erfassten Vermögensverwaltungen fast 0,60 Mio. Euro in Anleihen, knapp 0,06 Mio. in Aktien und annähernd 0,02 Mio. in Fonds.
In welchem Umfeld vollzog sich der Handel in Woche 50? Die mit größter Spannung erwarteten Informationen in der Berichtswoche waren sicher die Stellungsnahmen wichtiger Notenbanken zu ihrem geldpolitischen Kurs in nächster Zeit. Das dürfte auch erklären, weshalb die von uns erfasste Handelsquote in der Berichtswoche etwas unter dem Durschnitt blieb. Denn die Notenbanken veröffentlichen ihre Entscheidungen erst ab Mitte der Woche. Und der Großteil der für den Newsletter gelisteten Transaktionen fand in den letzten beiden Tagen der Berichtswoche statt. Man hatte offenbar abgewartet.
Da die EZB am Donnerstag durchaus überraschte und sich dafür eine vielleicht weniger verbreitete Interpretation anbietet, möchten wir an dieser Stelle – ähnlich wie in der Vorwoche – nochmals auf den Themenkomplex Inflation und Geldpolitik eingehen. Am Mittwoch der Berichtswoche legte traditionell die US-Notenbank vor. Am Donnerstag folgten die englische, die Europäische und weitere europäische Zentralbanken. Am Freitag gab dann die japanische Notenbank ihren Kurs bekannt.
Wie aus Sicht vieler Kommentatoren erwartet war die Ankündigung der Fed, wegen der zuletzt auf 6,8 Prozent gestiegenen Teuerung die Anleihenkäufe stärker zu reduzieren. Auch stellte sie für das Jahr 2022 drei Zinserhöhungen in Höhe von 25 Basispunkten in Aussicht, möglicherweise seien auch 2023 drei Zinserhöhungen zu erwarten. Überraschender als diese Nachricht selber war wohl deren Aufnahme an den Börsen. Die Aktienmärkte hatten, so die vorherrschende Interpretation im Rückblick, mit dieser beschleunigten „Straffung“ bereits gerechnet, jedenfalls reagierten die Kurse nicht negativ, sondern positiv.
Am Donnerstag erhöhte die Bank of England ihren Leitzins um 15 Basispunkte auf plus 0,25 Prozent (Inflationsrate im November 5,1%). Allerdings ist das weitere Vorgehen angesichts der derzeitigen Corona-Lage ungewiss. Die Bank of Japan belässt bei ihrer Geldpolitik im Wesentlichen alles beim Alten.
Auch die EZB möchte erwartungsgemäß nicht an der Zinsschraube drehen. Sie kündigte aber an, über ihre verschiedenen Programme die Anleihenkäufe zurückzuführen. In diesem Kontext beabsichtigt man dann die Nettokäufe im Rahmen des „Pandemic Emergency Purchase Programme“ im März 2022 bei gleichzeitigen Verlagerungen auslaufen zu lassen. Dass die EZB für 2021 die Inflationsschätzung von 2,2 (September-Prognose 2021) auf 2,6 Prozent erhöhte, folgt gegen Ende des Jahres zwingend aus der unterschätzten Inflationsdynamik im Euroraum; man kann sich bei dieser Prognose Mitte Dezember 2021 beim besten Willen nicht mehr verschätzen, sondern allenfalls verrechnen. Wir schrieben darüber bereits in unserem letzten Newsletter.
Der eigentliche Hammer war aber die Inflationsprognose der makroökonomischen Abteilung der EZB für 2022: die EZB hob ihre Schätzung von 1,7 Prozent (im September) auf 3,2 Prozent an. Das ist schon extrem und auch deutlich höher als die OECD-Schätzung von Anfang Dezember (2,7%). Allerdings, und das ist entscheidend: für 2023 ist der Wert nach der jüngsten Schätzung mit 1,8 Prozent wieder unter der Zielinflation und nur wenig über dem Wert, den die EZB-Ökonomen im September schätzten (1,5%). Was will uns die EZB damit sagen? Möglicherweise dies: Die für ein unkontrolliertes Inflationsregime nach herrschender Lehre entscheidende Entankerung der längerfristigen Inflationserwartungen wird nicht stattfinden.
Die frohe Botschaft ist dann: Die Inflation wird zwar etwas länger etwas höher bleiben. Das ändert aber nichts an der grundlegenden Story der EZB – dass die sehr starke Inflationsdynamik im Euroraum nur ein temporäres Phänomen ist. Und nun die Vermutung: Damit diese Versicherung durch ständige Unterschätzung der Inflation in der kürzeren Frist (wie 2021) nicht völlig unglaubwürdig wird, hebt man die Inflationsprognose für 2022 lieber etwas stärker an, damit man 2022 nicht gleichfalls laufend nach oben korrigieren muss. Wenig problematisch wäre es in dieser Situation, müsste man nach unten korrigieren.
Das Interesse der EZB muss nach vorherrschender Lehre sein, insbesondere die längerfristigen Prognosen tief zu halten. Eine hohe 2022er-Inflations-Schätzung kann dazu paradoxerweise einen Beitrag leisten: wie gesagt, durch Glaubwürdigkeitsgewinn bei der eher kurzen Prognose. Die EZB muss ihre (durch Modelle und statistische Untersuchungen gestützte) Story auch deshalb geradezu mandatsgemäß verteidigen, weil sie mit ihren (vor allem längerfristigen) Inflationsprognosen zur Erwartungsbildung beiträgt und darüber dann auch zur zukünftigen Inflation selber. Würde sie für 2023 (oder spätere Jahre) z.B. 4 Prozent prognostizieren, würde dies c.p. die Inflation stärker treiben als wenn sie für 2023 nur 1,8 Prozent schätzt, wie sie es in der Berichtswoche tat. Die EZB kann auch schlecht per Prognose und somit vorauseilend behaupten, dass sie auch längerfristig den Inflationsdruck nicht beherrscht, wenn sie zugleich das Gegenteil verspricht, wie das Mandat es von ihr fordert.